Burkhardt Freyberg: zur Ausstellung
Eva Schaeuble als Preisträgerin des städtischen Kunstpreises „Künstlerin in Baden-Baden“ hatte im Obergeschoß des Alten Dampfbades am Marktplatz naturgemäß ein Heimspiel der besonderen Art. Als langjähriges Vorstandsmitglied der dort residierenden Gesellschaft der Freunde junger Kunst e.V. und Kuratorin mehrerer Ausstellungen hat sie die historischen Räumlichkeiten des Hübsch-Baus in Kenntnis der besonderen Wirkung der Räume souverän mit ihren Werken bespielt.
So entsteht zuerst beim Besucher der Eindruck einer bildnerisch und plastisch fast barock-überquellenden Inszenierung, doch – auch mit Hilfe des auskunftsfreudigen Kataloges – entdeckt man schnell den künstlerischen Faden in der Komplexität von kunsthistorischen Stilverweisen und insbesondere mehreren Frauenbiographien des Impressionismus.
OB Margret Mergen als Preisgeberin und früheres Mitglied des Majolika-Stiftungsrates war es auch, die zur Vernissage am Sonntag, 11. Dezember, auf die Bedeutung der Künstlerin für diese stets um ihre Existenz kämpfende Karlsruher Manufaktur verwies. Eva Schaeuble setzt eine Tradition fort, die vor ihr viele prominente Künstler wie Markus Lüpertz, ihrem früheren Professor, Stephan Balkenhol und Elvira Bach in den Keramik-Ateliers in Schlossnähe begründet haben.
Welche glasierte Interpretationen von den Helden der Geschichte bis zu den in Vasen verwandelte Impressionisten-Freundinnen ihre Künstlerhände dabei in den vergangenen Jahren aus dem keramischen Material geformt und mit ihrem typischen Malduktus vollendet haben, zeigen fast die Hälfte der 120 ausgestellten Werke eindrucksvoll. Dies ist umso bemerkenswerter, als die Künstlerin erst 2009 ihre Leidenschaft für die plastischen Keramikarbeiten entdeckt hat.
Für ihre Ausstellung hat sie sich ein besonderes Präsent ausgedacht: In der Mitte des Florentinersaales hängt ein Kronleuchter aus Eisen, an dem 40 „Groteske Köpfe“ aus Keramik mit Fayencemalerei und bunten Papierkörpern drapiert sind, allesamt jeweils zu einem besucherfreundlichen Preis zwischen 100 und 250 Euro, der der Philosophie der Gesellschaft entspricht, originale Kunst in die Wohnungen der Menschen zu implantieren und sie zu Sammlern werden zu lassen.
In der Rotunde des Alten Dampfbades glänzt Eva Schaeuble, der Architektur des Raumes entsprechend, mit einem überdimensionalen malerischen Statement. Auf dem 4,20 mal 2,60 Meter großen Bild „Bar Recontre des amies“ versammelt sie die Frauen, an deren Rolle als Künstlerinnen im Impressionismus sie nicht nur in zahlreichen Bildern und Portraitkeramiken erinnern möchte, sondern auf deren Seelenverwandtschaft sie verweist: Berthe Morisot, Malerin, berühmtes Modell beispielsweise auf dem Bild „Der Balkon“ (und Geliebte?) von Manet, dessen Schülerin, die Bildhauerin Eva Gonzales, die Künstlerinnen Susanne Valadon, und Mary Cassat und natürlich Victorine Meurent, Malerin und Modell Manets.
Für diese allesamt sehr begabten und den männlichen Kollegen in künstlerischer Hinsicht ebenbürtigen Künstlerinnen wird, so Kunsthistorikerin Marlene Angermeyer-Deubner in ihrer Vernissagen-Ansprache, „ein kleines sehr aktuelles Universum weiblicher Selbstbehauptung“ geschaffen. Dass sie die Barszene, angelehnt an das berühmte Bild „Bar aux Folies Bergères“, mit realen Barhockern in den Raum der Rotunde ausweitet, ist nur eine der vielen augenzwinkernd-ironischen Verweise zu kunstgeschichtlichen Ikonen und Helden der Geschichte, die die Besucher an vielen Stellen der Ausstellung entdecken können.
Auf den aufklappbaren Umschlagseiten des Kataloges ist Eva Schaeubles Pinwand im Atelier zu sehen. Bevor man sich auf den Rundgang durch ihren Künstlerkosmos macht, sollte man diese genau betrachten. Da findet man das Bild der Victorine Meurent, gemalt im Kostüm einer Stierkämpferin als Zeitungsauschnitt, ebenso wie Gedichte der Lyriker Oskar Loerke und Paul Celan und auf dem Tisch eine Ausgabe des rätselhaften Renaissance-Romans „Hypnerotomachia Poliphili“. Damit gibt sie dem Besucher neue Rätsel auf. Was bleibt, ist ein Ausstellung, die zum Entdecken einlädt und das Auge in der Sinnlichkeit ihrer Formen und Ideen schwelgen lässt.